DINGOLFING

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Wachsende Sorgen aufgrund von 3 Drogentoten im Jahr 2020

„2020 ist kein Jahr wie jedes andere. Die Corona-Pandemie hat viele Menschen aus der Bahn geworfen“, so Sandra Süssel, Leiterin der Caritas Fachambulanz für Suchtprobleme in Dingolfing. Allein im Landkreis Dingolfing-Landau starben in diesem Jahre bereits drei Menschen an den Folgen ihres Drogenmissbrauchs; 2019 war es einer. „Wachsende Sorgen und Ängste können einen Menschen zu gesteigertem Konsum von Rauschmitteln führen“, ist Süssel überzeugt. Mit ihren Mitarbeiterinnen gedenkt sie am 21. Juli mit einem Banner an der Fassade der Fachambulanz an die Menschen, die keinen Ausweg aus ihrer Sucht gefunden haben. Hinter jedem Drogentoten verbirgt sich eine Dunkelziffer an Suchterkrankten, die jährlich wächst.

Die Caritas-Fachambulanz für Suchtprobleme in Dingolfing erinnert eindrücklich mit einem großen Banner an der Fensterfont ihres Gebäudes an die Verstorbenen

Der bundesweite Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige ist für das Team ein Anlass: „Er zeigt auf, wohin eine stoffgebundene Abhängigkeit letztlich führen kann. Umso wichtiger ist es, Suchtkranken Halt zu geben, ihnen ein Netzwerk an Hilfe zur Verfügung zu stellen

 Der erste Kontaktladen in Niederbayern

Das Freiraum ist noch ein sehr junges Projekt, das erst letztes Jahr seine Tore in Dingolfing eröffnen konnte. Als erster und bisher einziger Drogenkontaktladen in Niederbayern standen wir großen Vorbehalten in der Bevölkerung gegenüber („die holen die ganzen Junkies her“, „da kommt eine Fixerstube hin“, etc. pp). Dingolfing ist eine kleine Stadt mit  knapp 20.000 Einwohnern, das Thema Sucht und Drogen wurde über Jahre hinweg versucht zu ignorieren – vermutlich weil dies einfach nicht zum Image der familienfreundlichen BMW-Stadt passt.

Inzwischen hat hier, auf lokalpolitischer Ebene, ein Umdenken stattgefunden, die Notwendigkeit von umfassenden Angeboten der Suchthilfe, von Prävention bis hin zu niederschwelligen Angeboten, wie dem unseren, wird seitens der Politik gesehen und gefördert – auch wenn Themen wie Konsumräume und Drugchecking nach wie vor diffuse Ängste auslösen und in weiten Teilen der Bevölkerung mit den gängigen Vorurteilen behaftet sind (Dies mag ein Grund sein, warum das Thema in der örtlichen Zeitung komplett weggelassen wurde). Aber dies ist nicht nur hier ein Problem, sondern bayernweit. Bayern ist, was die Drogenpolitik angeht, leider nach wie vor starr in seiner Haltung und setzt weiter massiv auf Repression. Besonders paradox wirkt in diesem Zusammenhang, dass illegale Substanzen verteufelt werden, Alkohol aber, gerade in Bayern, zur Kultur gehört und man eher schief angesehen wird, wenn man bei einer Feier, einem Dorffest etc. nüchtern bleiben will.

Die ursprünglichen Pläne zum Drogentotengedenktag mussten wir leider pandemiebedingt verwerfen

So entstand, recht kurzfristig, die Idee, unserem kleinen Laden einen Kummerbund zu verpassen, der durch seine Beschriftung Passanten auf  den Drogentotengedenktag und die Tatsache, dass Sucht jeden treffen kann und jeder Verstorbene mehr als „nur ein Junkie“ war und es Menschen gibt, die die Verstorbenen schmerzlich vermissen aufmerksam machen bzw. sensibilisieren sollte.

Bisher gab es in DGF noch keine trägerübergreifenden Aktionen zum Drogentotengedenktag, Nun ist ein neuer Arbeitskreis zum Drogentotengedenktag entstanden, da wir gemeinsam eine größere Öffentlichkeit erreichen können und so hoffentlich Schritt für Schritt zu einem Umdenken beitragen können.

29.07.20, Stephanie Wagner, BTV 1:1; redaktionell gekürzter Beitrag