SAARBRÜCKEN

Gedenken an verstorbene Drogengebraucher_innen in Saarbrücken

In diesem Jahr trauern wir um 47 Menschen, von denen wir wissen, dass sie seit dem 21.07.2019 einen drogenbezogenen Tod gestorben sind. Ein trauriger Rekord. Nicht alle finden sich in der offiziellen Drogenstatistik wieder. Nicht alle waren im Drogenhilfezentrum Saarbrücken bekannt. Dennoch möchten wir allen eine Stimme geben.

Seit über zwölf  Jahren veranstaltet das Drogenhilfezentrum Saarbrücken innerhalb seiner Mauern eine Gedenkfeier zum 21. Juli. Gemeinsam mit Besucher_Innen, Kolleg_Innen, Politiker_Innen und Freund_Innen der Einrichtung erinnern wir uns an alle, die von uns gegangen sind.

Trotz oder vor allem wegen der aktuellen Situation sollte auch in diesem Jahr unsere Gedenkfeier stattfinden. Denn das Drogenhilfezentrum hat in diesen unsicheren Zeiten sowohl den Besucher_Innen, als auch den Mitarbeiter_Innen ein Stück Sicherheit zurückgegeben. Wie oft haben wir in den letzten Monaten von unseren Besucher_Innen gehört:  „Wir sind froh, dass ihr noch da seid“, denn viele wichtige Anlaufpunkte haben auch im Saarland aufgrund der Corona Pandemie ihre Türen schließen müssen. Die Verzweiflung war von Seiten der Besucher_Innen aber auch von den Mitarbeiter_Innen des DHZ  sehr groß. Dennoch hat uns die Gemeinschaft letztlich allen Halt und ein Gefühl von Sicherheit geben können. Wir wussten, dass wir uns aufeinander verlassen können.  Umso schmerzhafter ist es für uns  jedes Jahr so viele Menschen aus unserer Gemeinschaft verabschieden zu müssen.  Dass das Drogenhilfezentrum, wenn auch unter vielen Auflagen, geöffnet bleiben konnte, war ein Erfolg. Jedoch war der Zugang zu überlebenswichtigen Angeboten im gesamten Bundesland erschwert, was im Falle einer erneuten Pandemie dringend geändert werden muss.

Am  21. Juli 2020 gestaltete Frau Christine Unrath in Zusammenarbeit mit dem Team des Drogenhilfezentrums die Gedenkfeier. Muskalisch begleitet wurde sie dabei von Felix Hubert, Max Popp und letztlich auch von Aaron Wolter sowie einem Nutzer des DHZ mit Liedern wie „Mensch“ von Herbert Grönemeyer und „Wish You Were Here“ von Pink Floyd.  Gemeinsam mit allen Teilnehmern_Innen hängten wir für jeden Verstorbenen eine bunte Glasscheibe an einen großen Ast und es entstand ein Mobile, das in den Räumen des DHZ seinen Platz finden wird. Außerdem gestalteten wir Baumscheiben, in welche wir die Namen von jedem einzelnen einbrannten. An diesem Tag sangen wir gemeinsam, weinten gemeinsam, erinnerten uns und ab und zu war auch ein Lachen zu hören. Obwohl uns allen natürlich bewusst ist, dass der Drogenkonsum risikobehaftet ist, sind wir immer wieder bis ins Mark erschüttert, wenn einer unserer Lieben verstirbt. Kolleg_Innen und Freund_Innen der Einrichtung spendeten Salat und Kuchen, wir grillten. Wir sprachen über Erlebnisse, die wir mit den Verstorbenen teilten und waren froh, dass wir am diesem Tag nicht alleine sind. Immer wenn das Licht durch die Glasscheiben unseres Mobiles fiel, fühlte es sich an, als wären alle unsere Lieben ganz nah bei uns. In unseren Gedanken und in unseren Herzen.

Wir sind uns alle einig, dass wir auf unsere „interne“  Gedenkfeier nie verzichten wollen.

Elena Loës