Ein Gedenkstein an der Dreisam
Freiburg hatte im Jahr 2020 nach Stuttgart die zweithöchste Zahl an Drogentoten in Baden-Württemberg zu vermelden: 10 – eine traurige Zahl, die mehr als eine Zahl ist. Sie steht für Leid, das Eltern, Angehörige, Partner*innen und Freund*innen auf Grund des Todes ihrer Liebsten erfahren und aushalten müssen. Am 21. Juli 2021 konnte der neue Gedenkstein in Freiburg präsentiert werden, da die 2009 eingesetzte Gedenkplatte zum einen in die Jahre gekommen und zum anderen ziemlich unauffällig war.
Die von etwa 60 Personen, darunter auch Vertreter*innen von städtischen Ämtern und dem Gemeinderat, besuchte Veranstaltung wurde vom Freiburger Sozialbürgermeister eröffnet, im darauffolgenden Redebeitrag von der Leitung der Drogenhilfe Freiburg, Selina Trinkner und Benedikt Vogt, wurden Presse und Politik auf Aspekte der Suchthilfe aufmerksam gemacht, die in Freiburg und Baden-Württemberg noch ausbaufähig sind.
An diesem Tag soll schließlich nicht nur den Toten gedacht werden, sondern vor allem an die Lebenden erinnert werden, die weiterhin Schutz brauchen.
Die genannten Punkte:
Versorgungssicherheit – Substitution für alle Opioidkonsument*innen!
„Die bundesweite Kampagne 100.000 Substituierte bis 2022 soll einen niedrigschwelligen Zugang, beispielsweise auch eine Behandlung ohne Krankenversicherung, ermöglichen. In Freiburg können wir und besonders unsere Klientel sich bezüglich der Substitutionsbehandlung glücklich schätzen. Dank des guten Versorgungsangebotes und der guten Zusammenarbeit und Kooperation mit den substituierenden Ärzt*innen können wir gemeinsam für alle Betroffenen für eine weitestgehend sichere und ganzheitliche Substitutionsbehandlung sorgen.“
Flächendeckende Anwendung von Naloxon!
Von den im Jahr 2020 Verstorbenen sind fast 600 Menschen an den Folgen des Konsums von Opioiden wie Heroin verstorben. Bislang kommt das Notfallmedikament leider noch zu wenig zum Einsatz. Das Bundesmodellprojekt NALtrain möchte dies ändern und Zugang und Fertigkeiten im Umgang mit diesem Medikament verbessern.
Wir, die Drogenhilfe Freiburg, dürfen Teil dieses Bundesmodellprojektes sein. Schon seit 2019 führen wir regelmäßige Kurse zu Erster Hilfe im Drogennotfall und der Anwendung von Naloxon mit unserer Klientel durch. Die Schulungen zeigen Wirkung. Weit häufiger als in den vorigen Jahren waren bei Überdosen schon erste wichtige Schritte getan bevor der Notarzt eintraf. Dadurch konnten schon einige Leben gerettet werden, und wir sind stolz und dankbar, das Modellprojekt mit unserer Expertise und Erfahrungswerten unterstützen zu dürfen.“
Drogenkonsumräume!
Leider können wir hier in Freiburg momentan noch von einem Drogenkonsumraum träumen, denn Freiburg erreicht nicht die Mindesteinwohner*innenzahl von 300.000, welche die Rechtsverordnung zum Betrieb eines Konsumraumes vorgibt. Dennoch möchten wir auf die Wichtigkeit von Konsumräumen hinweisen, denn es sind Ansatzpunkte für Ziele in den Bereichen Gesundheitsprävention, Ordnungspolitik aber auch lebensweltorientierte Hilfsangebote zu benennen.
Der neue Gedenkstein
Um nicht nur am 21. Juli, dem Gedenktag für verstorbene drogenkonsumierende Menschen, auf die Situation von Betroffenen aufmerksam zu machen, sondern auch eine darüber hinaus anhaltende öffentliche Wirksamkeit zu erreichen, durften wir den neuen Gedenkstein präsentieren, den der Förderverein der Drogenhilfe Freiburg finanziert hatte.
Die zwei Stelen aus Basalt, mit der Inschrift „In Gedenken an alle verstorbenen Drogen gebrauchenden Menschen“, sind der hoffentlich passende Blickfang, der zum Nachdenken anregen und nicht zuletzt einen präventiven Charakter mit sich bringen soll.
Angehörige und Freunde nutzten die Gelegenheit, Sonnenblumen und mit den Namen Verstorbener beschriftete Steine am neuen Gedenkstein zu hinterlegen. Der Sozialbürgermeister Freiburgs, Ulrich von Kirchbach, betonte in seiner Rede, dass der Platz für den Gedenkort nicht zufällig gewählt worden sei, sondern er solle die feiernden Menschen zum Nachdenken anregen.
Stephanie Voigt